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Pforzheimer Zeitung, 13. November 2019
Vom Kriegsgebiet ans Klavier.
Ruhew Khalil floh vor vier Jahren aus Syrien nach Deutschland - erst hier konnte sie ihre vielen Talente einsetzen.
CONSTANTIN HEGEL, NEUENBURG
Sie singt in zwei Chören des Neuenbürger Gymnasiums, spielt Klavier und Volleyball. Als sie vor vier Jahren mit ihrer siebenköpfigen Patchwork-Familie aus dem kriegsgebeutelten Syrien nach Deutschland floh, dolmetschte sie mit ihren guten Englisch-Kenntnissen für ihre Landsleute - denn sie spricht fünf Sprachen.
Das sind nur einige Talente von Ruhew Khalil. Erst in Deutschland, sagt die 17-Jährige, hat sie angefangen, ihre Leidenschaft zur Musik auszuleben. Im Krieg, mit dem sie aufgewachsen ist, undenkbar. „Mein Vater war kurdischer Soldat und wurde getötet“, erzählt sie in fließendem Deutsch. „Wir Kurden werden dort unterdrückt - die Leute sind uns rasistisch begegnet.“
Es brauchte nicht viel, um das Können der Neuntklässlerin zu entdecken und zu fördern. Nur einen aufmerksamen Musiklehrer und einen engagierten Musikschulleiter. „Ich habe an der Schule jemanden Klavier spielen sehen und war total fasziniert - der sah so friedlich aus“, sagt Ruhew.
„Dann bin ich zu meinem Lehrer und habe gesagt: Ich möchte das auch lernen.“ Christian Knebel von der Jugendmusikschule in Neuenbürg setzte sich schließlich dafür ein, dass Gönner wie der Lions Club den Unterricht für Ruhew finanzierten.
Seit drei Jahren nimmt sie fleißig Unterricht - vielleicht, um irgendwann auf einer großen Bühne zu stehen? „Ja, das könnte sein“, sagt sie nicht ohne Stolz. Auf jeden Fall wolle sie später einmal Menschen helfen - vor allem denen, die sie bei ihrem Neubeginn in einer fremden Kultur unterstützt haben.
„Ich werde hierbleiben“, ist sie sich sicher. Denn am demokratischen Deutschland schätzt sie sehr, dass jeder seine Meinung frei äußern darf. Nicht nur für ihre kurdische Heimat, sondern auch für Frauenrechte möchte sie in Zukunft kämpfen.
In ihrer Freizeit liest sie Bücher über Politik und Philosophie, Sprachen, Mathematik - es gibt fast nichts, was die 17-Jährige nicht interessiert. Wissensdurst, der in einer friedlichen Umgebung mit der monatlichen finanziellen Unterstützung des Stipendiums weiter gedeihen kann. Und die Eltern sind vor allem eins: mächtig stolz auf ihre Tochter.
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