Wildbader Anzeigenblatt, Freitag, 6. Oktober 2023

Lisa Federle und Bernd Kohlepp zu Gast beim Lions Club in Bad Wildbad

Charity-Lesung zu Gunsten des Kurtheaters

Die Tübinger Ärztin und Autorin Lisa Federle war schon öfter in Bad Wildbad. Das Kurtheater kennt sie allerdings bis jetzt noch nicht - umso mehr freut sie sich auf ihren Auftritt am Sonntag, 8. Oktober um 11 Uhr, den sie letztendlich dem Lions Club Bad Wildbad zu verdanken hat. Sie sind es nämlich, die ihre Lesung zusammen mit dem Kabarettisten Bernd Kohlepp auf die Beine stellen. Mit dem Erlös aus dieser Veranstaltung möchten die Lions-Mitglieder das Kurtheater unterstützen. „Wir sind immer auf der Suche nach guten Künstlern und kamen so auf die Idee, einmal Lisa Federle anzufragen - zumal sie ja Beziehungen in unsere Gegend hat“, berichtet Lionsmitglied Horst Hägele, der selbst in Kapfenhardt wohnt - so wie die Co-Autorin von Lisa Federles neuem Buch „Vom Glück des Zuhörens. Wie uns gute Beziehungen stark machen“, Isabelle Müller.

Durch die Lesung im Bad Wildbader Kurtheater führt der Kabarettist Bernd Kohlepp. Die beiden verbindet ihre Heimatstadt Tübingen, wo sie sich erstmals als Ärztin und Patient begegneten. Vor allem aber verbindet beide das große Glück, bei ihrer Arbeit jeden Tag aufs Neue ihrer Berufung nachgehen zu dürfen und daraus Kraft zu schöpfen - sei es bei einem Notfall, oder auf der Theaterbühne.
Bernd Kohlhepp stellt mit seiner charmant-unverfrorenen Art sicher schnell den Kontakt zum Publikum her, das sich ein sehr persönliches Bild von Lisa Federle machen kann und in der Pause sogar die Möglichkeit hat, (anonym) Fragen an Lisa Federle zu stellen, die im zweiten Teil beantwortet werden.

Den Fragen der „Wildbader Anzeigenblatt“-Redakteurin Maren Moster stellte sich Lisa Federle bereits im Vorfeld:
Maren Moster: Was veranlasste Sie, 2022 eine Autobiografie zu schreiben?
Lisa Federle: „Ich hatte schon vor vielen Jahren ein Angebot, meine Lebensgeschichte zu schreiben beziehungsweise schreiben zu lassen, hatte damals aber Bedenken. Ich wurde jedoch von vielen Menschen immer wieder darauf angesprochen, weil ich auch in den Medien offen darüber sprach und durch die Coronapandemie und meine Rolle als Initiatorin der Tübinger Teststrategie noch bekannter geworden bin. Ich bekam so viele Mails, das war für mich dann ausschlaggebend, mich hinzusetzen und alles aufzuschreiben.“
Maren Moster: Ihre Autobiografie schrieben Sie selbst, Ihr zweites Buch, das nur innerhalb eines Jahres entstand, verfassten Sie gemeinsam mit der Autorin Isabelle Müller aus Kapfenhardt. Wie kam es zu der Kooperation?
Lisa Federle: Wir sind Freundinnen und inspirieren uns gegenseitig.
Maren Moster: Worum geht es in Ihrem neuesten Werk „Vom Glück des Zuhörens“?
Lisa Federle: Ich berichte hier von meinem Berufsalltag als Haus- und Notärztin und reflektiere Schicksale und Lebensträume von Patienten vor dem Hintergrund meines eigene „krummen“ Lebenswegs. Es zeigt Lebensentwürfe, die nicht unbedingt dem Alltäglichen entsprechen, die von Trennung oder Neubeginn gekennzeichnet sind. So hat eine junge Frau als Schattenfrau eines verheirateten Mannes scheinbar ihre Erfüllung gefunden und macht für diese Beziehung jahrzehntelang hohe Zugeständnisse - ständiges Hoffen auf gemeinsame Zeit, Einsamkeit, Geheimhalten gegenüber Freunden. Anhand der Geschichte dieser Patientin, die über die Jahre eine gute Freundin von mir wurde, zeigt das Buch exemplarisch, dass sich auch in einer verfahrenen Situation, nach einem Schicksalsschlag oder inmitten einer Krise ein Weg zum Glück auftun kann. Vom Glück des Zuhörens ist auch ein Plädoyer für das Hinsehen und Zuhören, um die Worte des Gegenüber zu verstehen, die nicht ausgesprochen werden. Und wem zugehört wird, der hat schon einen kleinen Zipfel vom Glück zurückbekommen.
Maren Moster: Warum ist Bernd Kohlepp dabei?
Lisa Federle: Ich mache lieber Dinge gemeinsam statt allein. Ich finde es auch einen riesen Unterschied für das Publikum, ob jemand allein aus seinem Buch vorliest oder ob da noch jemand dabei ist, der durch den Abend führt. Vielleicht lesen wir auch eine Sequenz vor, in der Bernd Kohlepp vorkommt. Er ist ja ein Patient von mir ... Mal sehen ... Mit Dieter Thomas Kuhn trete ich auch manchmal auf. (mm)

Zur Person Lisa Federle
Ohne Schulabschluss verließ Lisa Federle mit 17 Jahren das pietistisch geprägte Elternhaus. Der Vater - ihre wichtigste Bezugsperson - war durch einen ärztlichen Kunstfehler gestorben, als Lisa Federle elf Jahre alt war. Als ihr klar wurde, dass ihr damaliger Freund, mit dem sie zwei Kinder hatte, drogensüchtig war, verließ sie ihn. Auf sich alleine gestellt ließ sich die 19-jährige Mutter in großer Verzweiflung sogar zu einem Lebensmitteldiebstahl hinreißen, um über die Runden zu kommen. Tatkraft und Willensstärke führten Lisa Federle durch diese Jahre. Sie arbeitete in einer Kneipe, holte Schulabschlüsse nach, konnte sich ihren Kindheitstraum erfüllen und ein Medizinstudium beginnen. Mit 37 Jahren machte sie als Mutter von vier Kindern ihre Promotion. Bundesweite Bekanntheit erlangte Dr. med. Lisa Federle 2015 in der Flüchtlingskrise sowie als Initiatorin der Tübinger Teststrategie, die gemeinsam mit Oberbürgermeister Boris Palmer zum sogenannten „Tübinger Modell“ führte. Für ihr soziales Engagement wurde Lisa Federle 2020 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. (mm)