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Pforzheimer Zeitung, 9. Oktober 2023
Notärztin Lisa Federle stellt ihr neues Buch in Bad Wildbad vor.
Gabriele Meyer - Bad Wildbad
Zuhören will gelernt sein. Und: Zuhören kann hilfreich sein. Eigentlich ist das schon die ganze Geschichte. Die, die sich dann um das Gehörte ranken, sind unterhaltsam, lustig und manchmal auch ein bisschen traurig - eigentlich sind es die Alltagserlebnisse einer Ärztin, die das Hinhören und Mitfühlen als eine Medizin versteht, die nicht nur aus dem Pillenschrank kommt. Es war Deutschlands wohl bekannteste Notärztin Lisa Federle, die auf Einladung des Bad. Wildbader Lions Clubs im Königlichen Kurtheater aus dem Nähkästchen plauderte und dabei zusammen mit dem Kabarettisten Bernd Kohlhepp ihr zweites Buch „Vom Glück des Zuhörens: Wie uns gute Beziehungen stark machen“ vorstellte.
Der Titel des Buches ist anspruchsvoll - das, was es enthält, ist ein Abbild von Wirklichkeit. Unsentimental und schnörkellos. Manchmal scheint es, als ob die Tübinger Ärztin sich ihre Erlebnisse einfach von der Seele geschrieben hätte. Es ist die Person, die das Buch prägt - mit ihrem leidenschaftlichen Engagement, mit Kraft und Mut und einer gehörigen Portion schlagfertigen Witzes. Da ist sie in ihrem Element, literarische Etüden sind ihr fremd. Den Anspruch will ihr Buch - ihr zweites nach „Auf krummen Wegen grade- aus“ - auch sicher nicht erheben.
Dass Lisa Federle mitnimmt in eine Welt hinter den Krankheiten ihrer Patienten, erzählt, welche Zerbrechlichkeiten und Verstrickungen sich dahinter verstecken können, wie einsturzbereit Beziehungen sein ' können, die andererseits als stärkende Kraftquelle Bedeutung gewinnen, hat das Potenzial des direkten Miterlebens. „Es war mir eine Herzensangelegenheit, selbst erlebte Geschichten aufzuschreiben“, sagt sie. Und wenn es um die Basis dieser Geschichten, um Beziehungen von Menschen - um glückliche und unglückliche, um fehlende und manchmal auch zu viele - geht, zitiert sie schon mal ein Bibelwort: „Es ist nicht gut, dass der Mensch alleine ist“. Wenn dann allerdings in der Praxis ein 70-jähriger n Katholik auftaucht, der zum Islam übergetreten ist, weil er dort seinen Wunsch nach einer dritten Frau Realität werden lassen kann, dann scheint sie doch ein wenig um Verständnis zu ringen. „Das wäre kein Lebenskonzept für mich. Aber man soll Menschen zuhören und sie nicht verurteilen, nur weil sie nicht in das eigene Schema passen“.
Ansonsten hält Lisa Federle nicht mit ihrer Meinung zurück. So einfühlsam, wie sie mit Einsamkeit und Verlust umgeht, so direkt kann sie auch mitten hineingreifen in die Komik des Alltags. Sie und Bernd Kohlhepp bilden auf der Bühne des Kurtheaters ein spontan agierendes und reagierendes Gespann, es gibt genügend Grund zum Amüsement für das Publikum. Es ist ein stets präsenter Humor, der die schnöde Wirklichkeit zum Schaukeln bringt.
Das Kaleidoskop der Klippen und Chancen menschlicher Beziehungen ist groß, das Arbeitsgebiet von Lisa Federle ebenfalls. Und dann ist da noch die große Familie. Da muss man aufpassen, dass es die eigenen Kräfte nicht übersteigt. „Ich erhalte viel Kraft und Energien durch die Dankbarkeit der Menschen“, sagt Federle. „ Ich bekomme sehr viel zurück“.
Ein witziges und schlagfertiges Duo: Lisa Federle und der Kabarettist Bernd Kohlhepp bei der Lesung in Bad Wildbad.
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